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Gerd Stodollick

Gleiches Recht für alle – wir wollen Tarifverträge für die städtischen Töchter

Aus meiner beruflichen Tätigkeit bei der Gewerkschaft ver.di und deren Vorläuferorganisation ÖTV ist mir mehr als deutlich geworden, welchen Wert Tarifverträge haben. Sie sorgen für Fairness und Gerechtigkeit. In Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern erreichen sie einen Ausgleich der wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers und den Interessen der ArbeitnehmerInnen auf gute Einkommens- und Arbeitsbedingungen. Ich habe während meiner beruflichen Tätigkeit auch festgestellt, dass in Betrieben ohne Geltung eines Tarifvertrages die Arbeits- und Einkommensbedingungen vielfach erheblich schlechter sind als in Betrieben, in denen ein Tarifvertrag gilt. Oftmals kamen ArbeitnehmerInnen aus Betrieben zu mir, in denen kein Tarifvertrag zur Anwendung kam. Vielfach hatten diese ArbeitnehmerInnen einen im Vergleich zu den Tarifverträgen geringen Lohn. Oder nur den gesetzlichen Urlaubsanspruch von vier Wochen und sie erhielten keine Zuschläge bei Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit oder bei Überstunden. Ich bin der Auffassung, dass alles getan werden muss, um die Tarifbindung zu erhöhen und den in Deutschland sehr verbreiteten Niedriglohnsektor zu bekämpfen. Er führt unter anderem dazu, dass Menschen trotz Vollzeitarbeit auf staatliche Leistungen für ihren Lebensunterhalt angewiesen sind. Dieser Niedriglohnsektor ist auch eine der Hauptursachen für Armut im Alter.

Was wird in Tarifverträgen geregelt?

Tarifverträge regeln die Arbeits- und Einkommensbedingungen für ArbeitnehmerInnen. Sie sorgen dafür, dass Wettbewerb nicht auf dem Rücken der ArbeitnehmerInnen ausgetragen werden. Tarifverträge bestimmen neben der Lohnhöhe auch die allgemeinen Arbeitsbedingungen wie z.B. die Dauer der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit. Auch die Dauer des Erholungsurlaubs, Zusatzurlaub bei Schicht- und Wechselschichtarbeit, oftmals auch die Zahlung von Weihnachts- und/oder Urlaubsgeld werden in Tarifverträgen geregelt. Darüber hinaus gibt es in einzelnen Branchen auch tarifliche Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung, zur Weiterqualifizierung oder zum Rationalisierungsschutz. Die tariflichen Regelungen gehen weit über die gesetzlichen Mindestansprüche hinaus.

Städtische Aufträge nur noch bei Anwendung von Tarifverträgen

Ich begrüße, dass die Stadt Arnsberg als Modellkommune im Rahmen der „Global nachhaltigen Kommune NRW“ sich durch die Verabschiedung der Arnsberger Nachhaltigkeitsstrategie dazu verpflichtet hat, konkrete Maßnahmen und Projekte zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele zu erarbeiten und umzusetzen. Eines dieser siebzehn Ziele der globalen Nachhaltigkeit ist „menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“. Gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Ratsfraktion ist es für uns deshalb wichtig, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge durch die Stadt auch soziale Mindeststandards eingehalten werden. Dazu gehören für mich und uns auch die Einhaltung der Tarifverträge, insbesondere die tarifliche Entlohnung. Es muss sichergestellt sein, dass bei Weitergabe von städtischen Aufträgen an Subunternehmer die geltenden Tarifverträge zur Anwendung kommen. In Branchen, in denen kein Tarifvertrag gilt, ist darauf zu achten, dass die durch Gesetz festgelegten Mindestarbeitsbedingungen auch eingehalten werden (zum Beispiel Arbeitszeitgesetz, Mindestlohn, Bundesurlaubsgesetz, Entgeltfortzahlungsgesetz).

Die Stadt muss mit gutem Beispiel vorangehen

Die Stadtverwaltung und die Sparkasse Arnsberg-Sundern sind selbst Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes und somit an die für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge gebunden. Dies gilt leider nicht für die Beschäftigten in den städtischen Tochtergesellschaften bei den Stadtwerken, der Vertriebs- und Energiedienstleistung GmbH und beim NASS. Dort gibt es seit der Gründung der Gesellschaften unterschiedliche Regelungen bei gleichwertigen Tätigkeiten. Die Beschäftigten, die von der Stadt zu den Gesellschaften gewechselt sind, haben aufgrund einer Vereinbarung zwischen Stadt und Personalrat Anspruch auf den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst. Diejenigen Beschäftigten aber, die von den Gesellschaften direkt eingestellt wurden, unterliegen keinem Tarifvertrag. Es kommt also zu unterschiedlichen Behandlungen auch bei gleichwertigen Tätigkeiten. Dies ist für mich nicht hinnehmbar. Wir haben deshalb beantragt, dass die städtischen Töchter, Mitglied des kommunalen Arbeitgeberverbandes werden und damit tarifgebunden sind. Selbstverständlich erst, nachdem sich die wirtschaftliche Entwicklung nach der Corona-Pandemie wieder normalisiert hat. Im übrigen ist mir bei meiner beruflichen Tätigkeit auch kein Stadtwerk bekannt, dass nicht die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes anwendet. 

Was spricht noch für die Anwendung von Tarifverträgen bei den städtischen Tochtergesellschaften?

Angesichts der demografischen Entwicklung stehen die öffentlichen Unternehmen in Konkurrenz zu privaten Unternehmen, wenn es um die Besetzung von Arbeitsplätzen mit qualifiziertem Personal geht. Dies gilt bei Neueinstellungen, aber auch um bereits beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu halten. Die Anwendung und Geltung von Tarifverträgen ist ein Signal an die ArbeitnehmerInnen, ob bereits dort beschäftigt oder zukünftig. Ein Signal, dass der Arbeitgeber soziale Verantwortung hat und die Verträge anwendet, die Gewerkschaften mit dem Arbeitgeberverband ausgehandelt haben.

Bildnachweis: © Christoph Meinschäfer Fotografie / Stadtwerke Arnsberg
© Thomas Reimer / stock.adobe.com

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