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Tim Breuner

Lehrschwimmbecken in Arnsberg – Historie und Fakten zur aktuellen Situation

Dies ist der Blogartikel aus November 2021. Den zweiten Teil mit den Informationen zu 2021-2023 findet ihr unter diesem Link!

Bereits seit über 20 Jahren beschäftigen sich Stadtgesellschaft, Politik und Stadtverwaltung immer wieder mit den Themen Schwimmbäder, Lehrschwimmbecken, Wasserflächen und Schwimmausbildung in unserer Stadt. 

Sehr bald stehen nun wieder wahrscheinlich wegweisende Entscheidungen an, die die Bäderlandschaft in Arnsberg in den nächsten Jahrzehnten prägen werden.

Daher möchten wir an dieser Stelle bewusst objektiv und anhand von öffentlichen Quellen nachvollziehbar darstellen, wie sich das ganze Thema in den letzten 20 Jahren entwickelt hat. Wir gehen dabei auf die ursprüngliche Situation genauso ein, wie auf die einzelnen getroffenen Entscheidungen und die dabei vorgebrachten Argumente. 

Wir haben die Informationen nach bestem Wissen zusammengestellt. Sollte in der Darstellung etwas fehlen, nehmen wir das mit der entsprechenden Quelle sehr gerne auf. Und eine kleine Warnung noch vorab: Es ist eine ganze Menge Text… aber komplexe Themen haben oft viele Informationen.

In einem weiteren Beitrag werden wir dann – bewusst deutlich abgegrenzt – unsere eigene politische Sichtweise dazu und unseren Standpunkt für die anstehenden Entscheidungen darstellen. Wir freuen uns auf Ihre und Eure Fragen und Kommentare!

Woher kommen wir? Eine Bestandsaufnahme

Im Jahr 2000 gab es in Arnsberg acht öffentliche Schwimmbäder – die Freibäder in Arnsberg, Hüsten und Neheim nicht mitgerechnet. Sechs Lehrschwimmbecken und zwei Hallenbäder verteilten sich über das gesamte Stadtgebiet. Aufgrund von hohen Kosten und der schlechten Haushaltslage der Stadt wurde bereits im Jahr 1998 ein Gutachten in Auftrag gegeben (sog. „Altenburg-Gutachten“), um Alternativen hierzu zu erarbeiten.

Jahr 2000 – die ersten Bäder werden nicht geschlossen

Ergebnis des Gutachtens war, ein neues zentrales Schwimm- und Freizeitbad zu errichten – heute kennen wir dies als „NASS“. Im Gegenzug schlug das Gutachten vor, dafür folgende Bäder zu schließen:

  • Hallenbäder in Hüsten und Alt-Arnsberg
  • Freibad Neheim
  • Lehrschwimmbecken Schreppenberg, Herdringen und Oeventrop

Quelle: Drucksache 6/2000/142/ I aus dem Jahr 2000 

In der Ratssitzung vom 14.06.2000 schloss sich der Rat jedoch dieser Einschätzung nicht an und beschloss stattdessen, sowohl das Freibad Neheim als auch alle Lehrschwimmbecken zu erhalten. Lediglich die Hallenbäder Hüsten und Alt-Arnsberg, sowie das Freibad in Hüsten wurden geschlossen.

Quelle: Protokoll der Ratssitzung vom 14.06.2000

2005 – Aus für das Lehrschwimmbecken Oeventrop

Dieser Zustand hielt bis zum Jahr 2005. Ende des Jahres wurde der Beschluss gefasst, das Lehrschwimmbecken in Oeventrop aufgrund im Vergleich zu den anderen Lehrschwimmbecken geringen Nutzerzahlen zu schließen. Stichtag für die Schließung war der 01.03.2006. Die Schließung wurde mit drei Gegenstimmen (B‘90/Grüne) beschlossen. 

Quelle: Drucksache 7/2005/171/2.5 aus 2005 / Protokoll Ratssitzung v. 07.12.2005 S. 11

2006 – Die große Welle

Bereits im folgenden Jahr wurde das Thema erneut brisant, da die Kosten für den Betrieb der Lehrschwimmbecken die Stadt in ihrer immer noch schwierigen Haushaltssituation stark belasteten. Im Sommer 2006 schlugen Bürgermeister Vogel und die Stadtverwaltung daher vor, das aktuell bestehende Angebot von fünf Lehrschwimmbecken auf drei zurückzufahren. Die zu erhaltenden Lehrschwimmbecken wären:

  • Lehrschwimmbecken Sauerstraße Arnsberg
  • Lehrschwimmbecken Herdringen
  • Lehrschwimmbecken Voßwinkel

In einer „intensiven und teils kontroversen“ Diskussion kündigten die CDU (RM Hunecke) und die Grünen (RM Wulf) an, dem Vorschlag der Verwaltung zuzustimmen. RM Frin von der SPD beantragte, das Lehrschwimmbecken im Ortsteil Moosfelde entgegen dem Vorschlag nicht zu schließen. RM Cronenberg von der FDP weist auf einen Prüfauftrag seiner Fraktion hin. Hier soll geprüft werden, ob nicht zwei Lehrschwimmbecken für die Stadt ausreichend sind. 

Abschließend beschließt der Rat bei 28 Ja-Stimmen, einigen Nein-Stimmen und Enthaltungen, der Verwaltungsvorlage zu folgen und damit die Lehrschwimmbecken in Moosfelde und an der Fröbelschule auf dem Schreppenberg zu schließen. 

Quelle: Drucksache 7/2006/75/2.5 aus 2006 / Protokoll Ratssitzung v. 07.06.2006 S.8ff.

Vorspulen auf 2017/2018 – neue Zeit, alte Probleme

Bereits im Oktober 2017 war das Thema Lehrschwimmbecken erneut Thema im Bezirksausschuss in Herdringen. Dessen Vorsitzender, Michael Brüne (CDU), informierte in der Sitzung vom 11.10.2017 darüber, dass das Becken in Herdringen sanierungsbedürftig sei. Die Kosten bezifferte er auf 2,9 Millionen EUR. Weiterhin berichtete er über Ideen, stattdessen zwei Lehrschwimmbecken am Nass zu errichten und in Herdringen das Gebäude des LSB in ein Kommunikationszentrum umzunutzen. Für diesen Zweck wollte Herr Brüne einen entsprechenden Antrag an die Verwaltung stellen. 

Quelle: Niederschrift BZA Herdringen v. 11.10.2017, S. 4

Im Rahmen von Diskussionen über die strategische Ausrichtung des NASS Ende 2017 hat der Rat der Stadt Arnsberg der Verwaltung folgenden Prüfauftrag für das Lehrschwimmbecken Herdringen mitgegeben:

„Die Verwaltung wird beauftragt, die Sanierung des Lehrschwimmbeckens Herdringen sowie alternativ den Neubau eines Lehrschwimmbeckens am NASS zu prüfen und das Ergebnis zum nächsten Sitzungslauf vorzulegen. Alternative Standorte sind in die Überlegungen über ein neues Lehrschwimmbecken mit einzubeziehen. Dies gilt insbesondere für einen möglichen Standort im Bereich des Campus Berliner Platz. Für die einzelnen möglichen Standorte sind die Grenzkosten für Heizenergie vergleichend aufzuführen.“ 

Quelle: Drucksache 18/2018, S. 3

Im ersten Sitzungslauf 2018 wurde von der Verwaltung daraufhin vorgeschlagen entweder das Lehrschwimmbecken Herdringen durch einen Anbau am NASS zu ersetzen oder das Lehrschwimmbecken Herdringen für ca. 3,2 Mio. EUR zu sanieren

Quelle: Drucksache 18/2018, S. 3

Der Rat beschließt am 13.03.2018, vor dem Hintergrund der angesetzten Sanierungskosten die Sanierung des Lehrschwimmbeckens in Herdringen und nicht den Neubau am NASS. Weiterhin sollen aber vor der Sanierung die genauen Sanierungsbedarfe ermittelt werden.  Die Zustimmung erfolgt gegen die Stimmen der FDP, da dort mögliche Kostensteigerungen für die Sanierung gesehen werden. 

Quelle: Protokoll der Ratssitzung vom 13.03.2018, S. 10f. 

2019 – Neues Gutachten, neue Kosten, neues Bäderkonzept

Zum Oktober 2019 wurde das in der o.g. Ratssitzung geforderte Gutachten für die Sanierungsbedarfe des Lehrschwimmbeckens Herdringen vorgelegt. Dieses Gutachten (sog. „Krieger“-Gutachten – Erstellt durch „Krieger-Architekten“) geht nunmehr davon aus, dass für die Sanierung des LSB in Herdringen mindestens 6,2 Mio EUR benötigt werden. Da das Gebäude aber lt. Gutachten bis auf den Rohbau zurückgebaut werden muss, gibt es Unsicherheiten in Bezug auf diesen Wert. Er kann auch höher ausfallen.

Quelle: Drucksache 200/2019, S. 2

In der nun folgenden politischen Diskussion werden Zweifel an der Verlässlichkeit des Gutachtens laut. Neben Kritik an der langen Zeit seit Verfügbarkeit des Gutachtens bis zur Beratung wird insbesondere die Qualifikation des Gutachters bezweifelt (Brüne, CDU) sowie angedeutet, dass die Verwaltung das Gutachten im Sinne eines „kaputtrechnen“ des Projektes auslegt und damit Dörfer schwächen will (Brüne und Nagel, CDU / Verspohl, Grüne / Reiß, FDP). Seitens der SPD wird dafür geworben, das Thema Lehrschwimmbecken gesamtstädtisch zu sehen und alle Lehrschwimmbecken einer genauen Prüfung zu unterziehen, da auch Arnsberg und Voßwinkel marode sein könnten (Posta).

Quelle: Niederschrift gemeinsame Sitzung BZAs v. 30.10.2019, S. 7f.

An dieser Stelle verweisen wir auch auf eine Zusammenfassung der Vorgänge aus Sicht der Verwaltung im Zeitraum 2016-2019 im Rahmen des Protokolls zum Haupt- und Finanzausschuss vom 26.11.2019 (S. 11 f.).

Um diesen Einwänden Rechnung zu tragen, wird in den Haushalt 2020/2021 ein Betrag von 100.000 EUR für weitere drei Gutachten für die Standorte Arnsberg, Herdringen und Voßwinkel eingestellt, der ab Genehmigung des Haushalts (ca. März 2020) verwendet werden kann.

Quelle: Niederschrift Ausschuss Schule, Jugend, Familie v. 07.11.2019, S. 5 und  Niederschrift BZA Herdringen v. 12.02.2020, S. 2

2021 – Wieder ein neues Gutachten – wieder neue Zahlen

Bedingt durch die Corona-Krise verzögert sich die Bereitstellung des Gutachtens des Büros „ikps“ bis in das Jahr 2021. 

Im März 2021 fordern B‘90/Grüne in einem Antrag den „sofortigen Ökologischen Neubau des LSB Herdringen“.

Quelle: Antrag B’90/Grüne v. 02.02.2021

In der Ratssitzung vom 04.03.2021 befasst sich der Rat mit dem Antrag und auch mit dem Thema „Lehrschwimmbecken“ im Allgemeinen. Dort wird von der Verwaltung ein Zeitplan für einen möglichen Neubau vorgelegt. Dieser wird insbesondere von B‘90/Grüne stark bezweifelt (Verspohl) und auf andere Bauvorhaben verwiesen die schneller realisiert wurden. Hierzu bezieht die Verwaltung im Nachgang Stellung und deutet an, dass u.a. die für den Vergleich genutzten Projekte nicht mit dem in Arnsberg vergleichbar sind. 

Quelle: Niederschrift zur Ratssitzung vom 04.03.2021, S. 24f.

Weiterhin wurde von der SPD (Posta) angeregt, vor dem Hintergrund der langen Zeit, seitdem die Bäderlandschaft in Arnsberg zuletzt umfassend betrachtet wurde, erneut ein Gesamtkonzept für die Bäderlandschaft/Lehrschwimmbecken zu erstellen. Dies wurde von RM Blume (CDU) unterstützt.

Quelle: ebenda

Im Rahmen des „Masterplan Sport“ wurde vom Rat dann am 24.06.2021 beschlossen, mit Priorität 1 die Sanierungskosten der Lehrschwimmbecken zu ermitteln und eine Bäderkonzeption zu erarbeiten.

Quelle: Drucksache 58/2021, S. 5f. 

Zu diesem Zweck wurde im Sommer 2021 eine Beteiligung von Politik, Sportvereinen und Schulen durchgeführt. Diese wurden zu ihren Prioritäten in Bezug auf Schwimmangebote in Arnsberg befragt und darum gebeten, verschiedene Varianten, die vorgeschlagen wurden, anhand dieser Prioritäten zu bewerten. 

Folgende Varianten wurden dabei diskutiert:

Quelle: Dokumentation des Beteiligungsprozesses (ikps), S. 9

Dabei wurde durch die Vereine mehrheitlich Variante 5 und durch die Schulen eher Variante 1 bevorzugt. 

In diesen Prozess flossen auch die inzwischen vorliegenden bauphysikalischen Gutachten zu allen drei Lehrschwimmbecken ein.

Das Büro ikps kommt in seiner Abwägung zu dem Schluss, dass aus finanzieller und sportfachlicher Sicht die Variante 5 umgesetzt werden sollte. Diese Einschätzung hat entsprechend auch Eingang in die aktuell diskutierte Vorlage der Stadtverwaltung gefunden. Anmerkung: Im Vorschlag der Stadtverwaltung sind für alle Varianten die Kosten der Turnhalle in Herdringen entsprechend eingerechnet, so dass sich die Werte aller Varianten um ca. 1,3 Mio. EUR erhöhen.

Quelle: ebenda, letzte Seite

Richtungsweisende Entscheidung

Mit der Vorlage der Stadtverwaltung vom 22.10.2021 liegt nunmehr der aktuelle Stand der Diskussion vor (siehe auch Anlagen dazu). Dies ist ein Teil der Grundlage für die Entscheidungen, die nun getroffen werden müssen. In jedem Fall wird das die Bäderlandschaft in Arnsberg in den nächsten Jahrzehnten prägen.

Wie zu Beginn angekündigt sollte dies eine möglichst neutrale und objektive Darstellung der Historie zum Thema „Lehrschwimmbecken“ in Arnsberg sein. Rechtzeitig vor der Entscheidung am 09.12.2021 im Rat werden wir dann noch unsere politische Einschätzung veröffentlichen. 

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